Ein fantastischer Abend mit den Künstlerinnen Marina Rützler, Frieda Paris und Katharina Halus. Organisiert von kulturmelange in Kooperation mit dem Künstlerhaus Wien. Mit Grafik von Laura Besler und Musik von David Lipp.

Rund um die Kurzgeschichte "Der Kreisel" von Franz Kafka (1920):

Ein Philosoph trieb sich immer dort herum, wo Kinder spielten. Und sah er einen Jungen, der einen Kreisel hatte, lauerte er schon. Kaum war der Kreisel in Drehung, verfolgte ihn der Philosoph, um ihn zu fangen. Daß die Kinder lärmten und ihn von ihrem Spielzeug abzuhalten suchten, kümmerte ihn nicht, hatte er den Kreisel, solange er sich noch drehte, gefangen, war er glücklich, aber nur für einen Augenblick, dann warf er ihn zu Boden und ging fort. Er glaubte nämlich, die Erkenntnis jeder Kleinigkeit, zum Beispiel auch eines sich drehenden Kreisels genüge zur Erkenntnis des Allgemeinen. Darum beschäftigte er sich nicht mit den großen Problemen, das schien ihm unökonomisch, war die kleinste Kleinigkeit wirklich erkannt, dann war alles erkannt, deshalb beschäftigte er sich nur mit dem sich drehenden Kreisel. Und immer, wenn die Vorbereitungen zum Drehen des Kreisels gemacht wurden, hatte er Hoffnung, nun werde es gelingen und drehte sich der Kreisel, wurde ihm im atemlosen Laufen nach ihm die Hoffnung zur Gewißheit, hielt er aber dann das dumme Holzstück in der Hand, wurde ihm übel und das Geschrei der Kinder, das er bisher nicht gehört hatte und das ihm jetzt plötzlich in die Ohren fuhr, jagte ihn fort, er taumelte wie ein Kreisel, unter einer ungeschickten Peitsche.

A fantastic evening with the artists Marina Rützler, Frieda Paris und Katharina Halus. Organised by kulturmelange in cooperation with Künstlerhaus Wien. With graphic design by Laura Besler and music by David Lipp.

Around the short story "The Spinning Top" by Franz Kafka (1920)

A philosopher would always linger wherever children were playing.
And whenever he saw a boy with a spinning top, he would start lurking
around. As soon as the top began spinning, the philosopher would
chase it, trying to catch it. The fact that the children were making
noise and trying to keep him away from their toy didn’t bother him. If
he managed to catch the spinning top while it was still spinning, he
was happy, but only for a moment; then he would throw it to the
ground and leave. He believed that understanding even the smallest
thing, for example, a spinning top, was sufficient for understanding the
universal. Therefore, he didn’t concern himself with the big problems;
that seemed uneconomical to him. If the smallest detail was truly
understood, then everything was understood. That’s why he
concerned himself only with the spinning top. And every time
preparations were made to spin the spinning top, he had hope that
this time he would succeed. And when the spinning top started
spinning, and he chased after it breathlessly, hope became certainty.
But then, when he finally held the stupid piece of wood in his hand, he
felt sick, and the children’s shouting, which he hadn’t noticed before
but now suddenly roared in his ears, drove him away. He staggered
like a spinning top under an awkward whip.

Der Kreisel - Eine interdisziplinäre Umdrehung Kafkas: Rückblick

Der Kreisel - Eine interdisziplinäre Umdrehung Kafkas: Review

Habt ihr euch nicht auch schon einmal gefragt, ob Thomas Bernhard Hamburg mag oder wie Pierre Bourdieu es schafft, dich und mich in Hochstapler:innen zu verwandeln?

Nach dem Motto „In Vino Veritas“ haben wir ein Programm aus den Ärmeln gezaubert, das allen assoziierten Ansprüchen gerecht wir: mit einem guten Gläschen Wein und in gewohnt gemütlicher Atmosphäre wurden mehrere - teilweise selbst verfasste - Texte vorgelesen, mit der Runde geteilt, szenisch inszeniert und spannend diskutiert.

vino & verse

Freitag, 27. September um 18:00 im Künstlerhaus (Karlsplatz 5, 1010 Wien)


Ein Abend, eine Kurzgeschichte, unzählige Perspektiven.

Ein Philosoph jagt einen Kreisel und muss doch mit Enttäuschung immer wieder aufgeben. Er sucht die Wahrheit in der Bewegung, versucht sie in ihrer Entwicklung zu erfassen. Sein Fokus liegt im Ungreifbaren, im Kleinsten. Denn war die kleinste Kleinigkeit wirklich erkannt, dann war alles erkannt, deshalb beschäftigte er sich nur mit dem sich drehenden Kreisel.*


Den immer suchenden Philosophen finden wir in 

Franz Kafkas Kurzgeschichte “Der Kreisel”

, wo Fragen nach Erkenntnis, Dimension und Dynamik gestellt werden. Ist es möglich, vom Einzelnen auf das große Ganze zu schließen? Kann eine Momentaufnahme Bedeutung für einen längeren Zeitraum kreieren?


Performance-Abend “Der Kreisel - Eine interdisziplinäre Umdrehung Kafkas”

. Mit drei Künstlerinnen drehen wir uns durchs Künstlerhaus und lernen drei komplett unterschiedliche Perspektiven kennen.


 führen euch durch die NeorenaissanceArchitektur und durch die skurrilen, geheimnisvollen und verspielten Kunstwerke der 

Künstlerhaus-Ausstellung Wunderkammer (28.06.-13.10.2024)

. Die Performances greifen die Kurzgeschichte in Bewegung, Erzählung und Struktur auf und erweitern sie um ein Vielfaches.


Ausklang findet der Abend im Gespräch mit den Künstlerinnen bei Getränken und der Möglichkeit zur kreativen Auseinandersetzung mit der Kurzgeschichte und den Eindrücken des Abends.


Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. Wir bitten um Anmeldung unter 

Das Künstlerhaus ist barrierefrei zugänglich. Um einen möglichst angenehmen Abend zu ermöglichen, können wir gerne schon im Vorhinein Vorkehrungen treffen. Bitte melden Sie sich dafür bei Sophie Ollmann vom Verein kulturmelange: 

Eine Veranstaltung des Vereins kulturmelange in Kooperation mit dem Künstlerhaus.
Kuratorinnen: Julia Reiff, Sophie Ollmann, Theresa Czerny

Mit: Katharina Halus, Marina Rützler, Frieda Paris

*Basierend auf der Kurzgeschichte “Der Kreisel” von Franz Kafka, erstmals veröffentlicht 1933, in: Jüdischer Almanach auf das Jahr 5694, Prag.

Fotocredits:
Sofija Palurovic
El Menges
Marcel Plavec

Der Kreisel - Eine interdisziplinäre Umdrehung Kafkas

Friday, September 27th 2024, 6pm at Künstlerhaus Vienna(Karlsplatz 5, 1010 Vienna)


One evening, one short story, countless perspectives.

A philosopher chases a spinning top and yet has to give up again and again with disappointment. He seeks the truth in movement, tries to grasp it in its development. His focus lies in the intangible, in the smallest things. For if the smallest detail was really recognized, then everything was recognized, which is why he was only concerned with the spinning top.*

We find the ever-searching philosopher in Franz Kafka's short story "The Spinning Top", where questions about knowledge, dimension and dynamics are posed. Is it possible to draw conclusions from the individual to the big picture? Can a snapshot create meaning for a longer period of time?

We ask ourselves these questions in the performance evening "Der Kreisel - Eine interdisziplinäre Umdrehung Kafkas". Together with three artists, we will spin through the Künstlerhaus and get to know three completely different perspectives.

Dancer Marina Rützler, puppeteer Katharina Halus and author Frieda Paris will guide you through the Neorenaissance architecture and the whimsical, mysterious and playful works of art in the Künstlerhaus exhibition Wunderkammer (28.06.-13.10.2024). The performances take up the short story in movement, narrative and structure and expand it many times over.

The evening will conclude with a discussion with the artists over drinks and the opportunity to creatively engage with the short story and the impressions of the evening.

Admission to the event is free. Please register at info@kulturmelange.com

The Künstlerhaus is barrier-free. In order to make the evening as pleasant as possible, we are happy to make arrangements in advance. Please contact Sophie Ollmann from the kulturmelange association: sophie.ollmann@kulturmelange.com (+43 664 73538026)

An event organized by the kulturmelange association in cooperation with the Künstlerhaus.

Curators: Julia Reiff, Sophie Ollmann, Theresa Czerny

With: Katharina Halus, Marina Rützler, Frieda Paris

*Based on the short story "Der Kreisel" by Franz Kafka, first published in 1933, in: Jüdischer Almanach auf das Jahr 5694, Prague.